Wandervogel

Geschichte der Universität

Farben der DHG Westmark

 

Wie fast alle Formen ihrer Kultur haben die Deutschen auch das Universitätsleben von ihren romanischen Nachbarn übernommen.  Die ältesten Vorbilder der Universitäten waren die großen Lehranstalten des Altertums, so z.B. die Philosophenschule in Athen.  Den Keim der christlichen Universitäten bildeten die Kloster- und Domschulen, die seit dem 8. Jhdt. als scholae publicae auch Schüler von auswärts aufnahmen.

 Weltlichen Ursprungs ist die medizinische Hochschule in Salerno, über deren Entstehung nichts genaueres bekannt ist.  Von den übrigen mittelalterlichen Schulen steht jedoch fest, daß sie aus freien Schulen des 12.Jhdt. hervorgingen, welche meist durch Erweiterung der alten Klosterschulen entstanden, als der damalige lebhafte Aufschwung der Wissenschaften bessere Lehranstalten notwendig machte. Bis in den Anfang des 13.Jhdt., nannte man die Hochschulen "scholae" seit etwa 1250 setzte sich die Bezeichnung "studium generale" durch.

In Deutschland wurde diese Bezeichnung mit Universität vertauscht, zuerst in einem Aktenstück Karls IV. 1335.  Der Begriff Universität wurde im Mittelalter in einem weiteren Sinne gebraucht.  Er bezog sich nicht nur auf die Gesamtheit der Magister und Scholaren, sondern auch auf die Mitglieder einer einzelnen Fakultät; zu ihren Privilegien gehörte das Recht der Promotion und das der Zusprechung der "facultas ubique docendi" (allgemeine Lehrbefugnis).

Unter allen romanischen Universitäten des 12.-13. Jhdt. ragten vor allem Paris und Bologna  hervor.  Bologna war nicht die älteste Universität Italiens, aber in dieser Zeit von der größten Bedeutung.  Schon bald kam es hier zur Bildung erster Korporationen, den sog. Nationen, da sich die Scholaren durch diese Verbindung mehr Schutz nach außen und den ungestörten Genuß ihrer Freiheiten versprachen.  Die Bologneser Scholarenkorporationen hatten zunächst den Charakter freier Innung von Landsleuten im Ausland, die durch wechselseitigen Vertrag begründet wurden; sie setzten sich also aus Nichtitalienern zusammen.  Bis zum Anfang des 13. Jhdt. bestanden in Bologna mindestens vier, wahrscheinlich aber noch mehr Korporationen.  Sie setzten sich hauptsächlich aus Deutschen zusammen, außerdem noch Franzosen und Engländern.  In Bologna wurde der Rektor aus einer Zahl von Elektoren gewählt, die von den einzelnen Nationen benannt wurden.  Noch vor 1250 verschmolzen diese Verbände zu zwei großen Korporationen, den Transalpinern und Cisalpinern, unter je einem Rektor.

Im Gegensatz zu Ravenna, das als demokratisches Gemeinwesen bekannt wurde, bildete sich an der Universität Paris eine Aristokratie heraus, die sich in der privilegierten Vereinigung aller Magister der vier in Paris bestehenden Disziplinen, Theologie, Medizin, Jura und Kunst, ausdrückte.  Diese herausragende Stellung verdankt die Pariser Lehrerschaft einem päpstlichen Edikt, das die Erteilung der "licenti docendi" (Aufnahme an die Universität) von dem Lehrerbeschluss abhängig machte, im Gegensatz von der ursprünglichen Entscheidung des Kanzlers, der als kirchlicher Schulherr das Territorium der Universität beaufsichtigte.  Ferner entschied dieser über die Anstellung der Lehrkräfte.

Der aristokratische Charakter äußerte sich darin, daß nur das "collegium magistrorum" (Lehrkörper) Stimmrecht besaß.

 Hinsichtlich des Nationalismus lagen die Verhältnisse in Paris anders als in Bologna.  Man unterschied die vier Nationen der Franci (französisch, italienisch, spanisch, orientalisch), der Anglici-Alemanni (englisch, deutsch), der Picardi und der Normanni. Jede Nation zerfiel in Provinzen, die im Prinzip der Zusammenfassung der Landsmannschaften entsprachen.  Erst seit Anfang des 13.  Jhdt. gab es einen Rektor, und zwar wurde der Rektor der künstlerischen Fakultät zum Rektor der gesamten Universität bestimmt.

 Die Gründung der ersten Universität auf deutschem Boden wurde von Karl IV. 1348 in Prag veranlaßt.  In seiner Stiftungsurkunde sprach er den Angehörigen der Universität sämtliche Privilegien, Immunitäten und Freiheiten zu, wie sie die Mitglieder der Universitäten Paris und Bologna besaßen.  Als politische Körperschaft bestand die Universität aus vier Nationen (Böhmen, Polen., Sachsen, Bayern).  Zunächst entstand ein theologisches Kollegium, später dann auch ein medizinisches und künstlerisches.  Das juristische Kollegium entstand 1372.Im Jahre 1365 führte das Bemühen des Habsburgers  Rudolf IV., seinen Untertanen das gleiche zu bieten, zur Gründung der Universität Wien. Auch hier beginnt man zunächst mit einem Kollegium für Theologie und Kunst.

Der Niedergang der Universität zu Paris führte im Rheinland zu zwei Neugründungen, der Universität Heidelberg 1386 und Köln 1389. Es folgten Erfurt 139 , Würzburg 1403, Leipzig 1409, Rostock 1415, Greifswald 1456, Mainz 1476 und Tübingen 1477.

Das durchschnittliche Alter der Scholaren bei Antritt ihres Studiums betrug 15 oder 16 Jahre, in Ausnahmefällen auch jünger, wie Melanchthon Reformator 1497-1560), der mit 12 zugelassen wurde.

Durch den immer stärker werdenden Drang zu den Universitäten kam es zu Wohnungsschwierigkeiten.  Unternehmungslustige Magister mieteten daher Privathäuser, die sie ausstatteten und an die Scholaren vermieteten.  Ein solches Privathaus hieß nach den erhobenen Wohngeld "pursall.  Der Hausgenosse hieß "burss".  Das Wort "Bursch" entstammt einer süddeutschen Dialektform.  Die sog. bursi umfassten ca. 8-10 zahlende Scholaren, dazu noch einige arme Schüler, die als "famuli" (lat.  Diener) für den Haushalt zu sorgen hatten.  Die Bursenrektoren waren verpflichtet, den Lehrstoff mit ihren Mietern zu wiederholen und ihren häuslichen Fleiß zu überwachen.

Ein derber studentischer Brauch dieser Zeit war die Deposition (depositio cornuum=Ablegung der Hörner).  Dies bedeutete die Säuberung der an die Universität ziehenden neuen Scholaren von aller Barbarei.  Die Zeremonie hatte recht derben Charakter.  Die ersten Anfänge der Deposition läßt sich bereits in den ersten Jahrzehnten des 14. Jhdt. an den frz.  Universitäten nachweisen, bevor sie am Anfang des 18. Jhdt. verschwand.

Die neu angekommenen Scholaren zahlten ein Eintrittsgeld.  Die deutschen Universitäten übernahmen diesen Brauch von Paris und billigten das Geld den Bursenrektoren als zusätzliche Einnahme zu.

Im 16. Jhdt., als der Humanismus die Bursen bestimmte, wurde die Deposition offizieller Universitätsakt.  Die Ausschreitungen, die die Deposition mit sich brachte und ihr vorwiegend possenhafter Charakter machte sie aber schon im 16. Jhdt. an höherer Stelle mißliebig.

In engem Zusammenhang mit der Deposition steht der Pennalismus, der seit dem 16. Jhdt. eine studentische Sitte darstellt.  Der Ursprung ist ebenfalls in Frankreich zu suchen.  Den älteren Studenten gefiel ihre Gewalt über die Neulinge und so verfielen sie darauf, die neuen Scholaren im ersten Schuljahr zu tyrannisieren und auszubeuten.

Die gebräuchlichste Bennennung die der Neuling von seinen Landsleuten erfuhr, war "Pennal", von der Federbüchse, die er mit sich herumtrug.  Die Entstehung der Bezeichnung "Füxe" für die Pennals entstand bereits vor 1800 aus den Niederdeutschen "fors".

Pennäler wurden durch ältere Studenten geworben, die die neu ankommenden Studenten vor dem Stadttor in Empfang nahmen.  Am nächsten Tag waren sie dann meist Mitglieder ihrer Landsmannschaft.  Sträubte sich ein Pennäler, sich der Korporation anzuschließen, setzte man ihm solange zu, bis er endlich doch diesen Schritt tat.  Der Pennäler hatte dann überhaupt nichts mehr zu sagen, sondern sich gänzlich den Willen der Älteren zu unterwerfen.  

Die Reformation befreite die Universitäten weitgehend von der kirchlichen Bevormundung.  Der Einfluß der Landesfürsten nahm zu, da sie die Magister besoldeten.  Die Studenten verließen die Bursen, da sie der kirchlichen Aufsicht überdrüssig waren.  Die Landsmannschaften in denen sie sich sammelten, setzten unter veränderten Bedingungen Arbeit und Tradition der Nationen fort.  Neben den Landsmannschaften wurden keine anderen Korporationen geduldet.  Soziale Unterschiede gab es nicht.  Hauptziel war die gegenseitige Hilfe.  Obwohl die Landsmannschaften offiziell aufgehoben und verboten wurden, lebten sie geheim weiter.

1765 kam es jedoch zu einer Verbotsverordnung, deren Folge dann auch tatsächlich die Auflösung vieler, wenn auch nicht aller Landsmannschaften war.  Sie hielten sich in Kränzchen und anderen Organisationen.  Bis in das 19.  Jhdt. führte bei manchen Landsmannschaften die immer stärkere Durchführung des Nationalitätenprinzips zur Bildung eines engeren (verdiente alte Studenten) und eines weiteren Kreises (jüngere Studenten).  In der Zeit der Verfolgung blieb der engere Kreis, während der weitere Kreis in Studentenorden aufging.  Wahrscheinlich wurden diese Orden von Freimaurern gegründet.  Die Orden wollten die landsmannschaftlichen Elemente nicht zerstören, knüpften aber an das Freimaurertum an.  Sie traten für Humanität, Völkerverbrüderung, Freiheit und Gleichheit ein und forderten den Sturz der fürstlichen Tyrannen.  Deshalb waren sie die ersten politischen Studentengruppen.  Durch diese Tätigkeiten und die Mitgliedschaft auf Lebenszeit unterschieden sie sich von den Landsmannschaften.  Die Studentenorden wurden immer von der Obrigkeit bekämpft und verschwanden um 1880.

Durch den seit 1550 nach Deutschland dringenden Humanismus erfuhren Charakter und Lehrplan der Universitäten eine tiefe Umgestaltung.

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